Darmgesunde Ernährung: „Darmbakterien wollen gut essen“

Der Darm ist einer der wichtigsten Teile unseres Körpers: Als Motor unserer Gesundheit trägt er entscheidend dazu bei, wie gut unsere Immunabwehr funktioniert – sprich, ob wir gesund sind oder nicht. Im Interview mit Bauchmoment klärt Michael Schwarzfischer, zertifizierter Ernährungsberater und Health Coach, darüber auf, welche Rolle die Ernährung für einen gesunden Darm spielt und wie wir ihn fit halten können.

Bauchmoment: Herr Schwarzfischer „Man ist, was man isst“ – gilt dieser Satz auch für den Darm?

Schwarzfischer: Ja, denn unsere Darmbakterien wollen gut essen – so wie Sie selbst auch. Die Ernährung und die Darmflora haben einen starken Einfluss auf unser Immunsystem und halten auch unser Gehirn gesund. In unserem Darm sitzen rund 70 Prozent der menschlichen Immunabwehrzellen, und die wollen verwöhnt werden. Wer sich also langfristig falsch ernährt, macht sich anfälliger für Infekte und chronische Entzündungen des Darms, die wiederum andere Organe, wie die Leber negativ beeinflussen können. 

Bauchmoment: Eigentlich ist es ja logisch, dass unsere Ernährung eng mit unserer Verdauung und somit mit unserem Wohlbefinden zusammenhängt. Wieso ist das bei vielen Menschen noch nicht angekommen?

Schwarzfischer: Viele Menschen setzen sich zu wenig mit Ihrem Essen auseinander, früher gab es keine freilaufenden Fertiggerichte und Keksbäume und die Snackversuchung lauerte auch nicht an jeder Ecke. Wenn ich meine Kunden nach Ihrer Ernährung frage, heißt es oft „ich ernähre mich gesund“, aber wenn ich sie ein paar Tage ihr Essen protokollieren lasse, sehe ich das absolute Gegenteil. 

Bauchmoment: Wie meinen Sie das?

Schwarzfischer: In Ihren Augen ist es eine gesunde Ernährung, weil sie es einfach nicht besser wissen. Man darf ihnen aber keinen Vorwurf machen, sie wissen es nicht besser. Früher brauchten wir kein großes Bewusstsein für eine gesunde Ernährung, weil wir in einer artgerechten Umgebung gelebt haben, heute sieht das anders aus, da kommt der Lieferdienst ins Homeoffice und die unterste Schublade vom Schreibtisch ist mit der berühmten Nervennahrung randgefüllt. 

Bauchmoment: Sie selbst hatten früher eine Werbeagentur und waren Fitnesstrainer, sind heute aber als Health Coach tätig. Wie kam es dazu, dass Sie umsattelten? 

Schwarzfischer: Ich war mit meiner Werbeagentur sehr erfolgreich, sie wuchs und die Mitarbeiterzahl stieg. Dann kam die Familiengründung mit Kindern und Haus dazu. Das Hamsterrad wurde immer größer, im Fokus stand nur noch die Arbeit, für Fitness und eine gesunde Ernährung war keine Zeit mehr, wieso auch, schließlich war ich doch superfit – dachte ich. Mich holten dann genau die Probleme ein, mit denen heute meine Kunden zu mir kommen. 

Bauchmoment: Welche sind das?

Schwarzfischer: Ich geriet komplett aus der Form, hatte Übergewicht, Allergien, Bandscheibenvorfälle, die Galle nervte und ich bekam eine Herzmuskelentzündung. An diesem Punkt angelangt habe ich mein Leben radikal geändert, meine Ernährung und meine Fitness wieder in die Hand genommen und mich intensiv mit dem Thema Gesundheit auseinandergesetzt, u.a. absolvierte ich im Fernstudium zeitlich flexibel verschiedene Ausbildungen, wie die des Ernährungsberaters, bei OTL. Heute mit über 50 bilde ich selbst bei OTL aus, gebe mein Wissen weiter, betreue und berate als Health Coach Menschen hinsichtlich ihrer Gesundheit – und bin fitter als ich es mit 30 war.

Bauchmoment: Mit welchen Beschwerden kommen die Menschen zu Ihnen?

Schwarzfischer: Oft kommen Kunden zu mir und wollen ein Personal Training, weil sie abnehmen möchten, jedoch gibt es fast keinen Menschen ohne Beschwerden, der meine Hilfe aufsucht. Häufig liegt die Ursache auch im Darm, z.B. bei Nahrungsmittelintoleranzen oder chronischen Darmerkrankungen. Deshalb betrachte ich die Fitness, Ernährung und die Psyche meiner Kunden ganzheitlich, setze neben Bewegung auf die passende Ernährung. Natürlich ist es aber auch wichtig, dass die Krankheiten zunächst schulmedizinisch abgeklärt werden.

Bauchmoment: Wie helfen Sie diesen Menschen und welche Rolle spielt die Ernährung dabei?

Schwarzfischer: Ich setze mich mit diesen Menschen und ihren Beschwerden intensiv auseinander und versuche nicht die Symptome zu behandeln, sondern die Ursache zu finden. Natürlich ist es auch wichtig, dass die Krankheiten zunächst schulmedizinisch abgeklärt werden. Und genau hier spielt oftmals die Ernährung eine Schlüsselrolle und letztendlich auch eine gesunde Darmflora. Diese wird heute von vielen Faktoren bedroht. Neben einer ungesunden Ernährung, Alkohol und einem insgesamt ungünstigen Lebenswandel können besonders Antibiotika, aber auch andere Medikamente die Zusammensetzung der Darmflora negativ beeinflussen.

Bauchmoment: Was empfehlen Sie Menschen mit Darmerkrankungen?

Schwarzfischer: Ich empfehle Ihnen sich neben einer ärztlichen Abklärung mehr mit ihrer Ernährung auseinander zu setzen. Das geht schon los mit den Makronährstoffen, in welchen Lebensmitteln steckt wie viel Protein, Kohlenhydrate und Fett – und wie viel brauche ich denn davon. Sie sollten sich fragen, was sind gesunde Fette, esse ich genug Protein, brauche ich Ballaststoffe, wann habe ich wirklich Hunger und warum brauche ich Vitamine und Mineralstoffe? Auch kann es helfen, selbst eine Ernährungsberater-Ausbildung zu absolvieren. Ich habe viele Prüflinge, die diese Ausbildung für sich selbst machen, weil sie mehr über die für sie passende Ernährung erfahren möchten.

Bauchmoment: Welche Ernährung tut dem Darm denn generell gut? Haben Sie konkrete Tipps, um den Darm gesund zu halten?

Schwarzfischer: Mein Tipp: Am besten hauptsächlich Lebensmittel, die aus nicht mehr als drei Zutaten bestehen und die nicht stark industriell verarbeiteten wurden, zu sich nehmen. Auch eine ausgewogene mediterrane Ernährung mit Obst und viel Gemüse, Hülsenfrüchten, wenig hochwertigem Fleisch und ab und zu Fisch tut dem Darm gut, ebenso wie sauer fermentierte Produkte wie Sauerkraut oder Naturjoghurt mit natürlichem Fettgehalt. 

Bauchmoment: Sündigen ist also nicht erlaubt?

Schwarzfischer: Süßigkeiten und schnelle Kohlenhydrate (Zucker) sollte man nur in Maßen genießen. Ein bis dreimal pro Woche ein Croissant oder etwas Schokolade ist aber nicht gleich der Weltuntergang und wird vom Körper mit ansonsten gesunder Ernährung schon ausgeglichen. Etwas Genuss muss schon sein: Ohne meine dunkle Schokolade zum Espresso möchte auch ich nicht leben.

Bauchmoment: Welche Rolle spielen Ballaststoffe und probiotische Lebensmittel für den Darm?

Schwarzfischer: Wer seinen Darmbakterien und damit dem Immunsystem etwas Gutes tun möchte, sollte jeden Tag mindestens 30 Gramm Ballaststoffe aus z.B. Rohkost, Vollkorn, Hülsenfrüchten, Nüssen, Äpfeln oder Haferflocken zu sich nehmen. Das klingt erst einmal nicht so viel, gelingt mit unserer heutigen Ernährung aber häufig nicht. Die Ballaststoffe helfen auch bei der Regulierung des Cholesterin- und Blutzuckerspiegels. Wenn das Verhältnis der Darmbakterien aus dem Gleichgewicht gerät, sprechen Mediziner von einer Dysbiose. Das bedeutet, dass ein zu hoher Anteil bestimmter Arten von Pilzen, Hefen oder Bakterien existiert, die den Körper negativ beeinflussen. Durch den Verzehr von probiotischen Lebensmitteln wie Kefir, Joghurt oder sauren Gurken kann das Verhältnis wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. 

Bauchmoment: Was können wir sonst noch tun, um den Darm gesund zu halten?

Schwarzfischer: Neben einer gesunden Ernährung regt eine regelmäßige körperliche Aktivität die Darmtätigkeit an. Pro Tag sollte man sich mindestens 30 Minuten lang so bewegen, dass die Atmung schneller wird, wie bei einem schnellen Spaziergang. Noch besser ist es drei- bis viermal pro Woche Ausdauersport und Krafttraining zu treiben. Und natürlich gilt es Stress zu reduzieren, denn er ist ein Killer für die nützlichen Darmbakterien.

Michael Schwarzfischer ist selbstständiger, zertifizierter Gesundheitscoach und Ernährungsberater. Seine Ausbildungen zum Fitnesstrainer, Personal Trainer, Ernährungsberater und Schmerztherapeuten absolvierte er bei der TÜV Süd-zertifizierten Fernschule Online Trainer Lizenz, wo er heute selbst als Prüfdozent tätig ist. Michael Schwarzfischer wohnt in Regensburg und ist in seiner Freizeit in häufig als Musikant auf Hochzeiten und mit seinen zwei erwachsenen Söhnen in den Bergen anzutreffen. Mehr Infos hier.

©skd / Poligoone / Adobe Stock

Ein gesundes Leben für einen gesunden Darm


Die Darmspiegelung ist das A und O zur Darmkrebsvorsorge – doch auch durch einen gesunden Lebensstil können Sie das Darmkrebs­risiko senken.  Nein zu Alkohol Genießen Sie nach einem anstrengenden Tag…

Darmkrebsvorsorge: Warum sie so wichtig ist


Darmkrebs steht auf der Liste der Krebstodesursachen an zweiter Stelle.  Durch die rechtzeitige und richtige Vorsorgeuntersuchung möchten wir den Krebs verhindern bzw. in frühen Stadien erkennen. Im Interview spricht Dr. med.…

Leben mit Morbus Crohn


„Ein glückliches Leben mit CED ist möglich“, erzählt Eva Maria Tappe, Betroffene von Morbus Crohn, im Interview mit Bauchmoment. Schätzungen zufolge leiden bis zu 470.000 Menschen in Deutschland an einer…

Ständig Blähungen – harmlos oder Grund zur Sorge?


Wenn Sie unter zu viel Luft im Bauch leiden, ist dies in vielen Fällen die Folge eines übermäßigen Verzehrs bestimmter Nahrungsmittel. Gleichwohl sind Blähungen nicht immer harmlos. Vielmehr können sie…